Saarbrücker Symposium
als
Euroconference
Translation and Interpretation:
Methodological Problems in Cultural Transfer
mit Unterstützung der Europäischen Kommission
11.-13. März 1999
Saarbrücken
Universität des Saarlandes
'Übersetzen und Dolmetschen'
Vom 11. bis zum 13 März 1999 fand in Saarbrücken das
Symposium "Translation and Interpretation: Methodological Problems in
Cultural Transfer" unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Heidrun Gerzymisch-Arbogast
im Rahmen des Advanced Translation Research Center als Euroconference
statt.
Nach der Begrüßung der Gäste durch den Dekan der Philosophischen
Fakultät, Herrn Prof. Dr. Roland Marti, folgten die Grußworte des Ministers
für Bildung, Kultur und Wissenschaft im Saarland, Herrn Henner Wittling,
und von Herrn Prof. em. Dr. Dr. h.c. Wolfram Wilss.
Der erste Programmteil am 11. März 1999
umfaßte folgende Vorträge zum Thema "Theoretische
Aspekte des Kulturtransfers":
-
Prof. Dr. Gideon Toury (Tel Aviv)
Why not agree to study assumed translation first?
Anyone wishing to study the behavior of real-live translators under
real-life conditions and its products is faced with a basic question
of whether to claim KNOWLEDGE or IGNORANCE: if we already know what
translation is, why waste any more time and effort on studying it?
On the other hand, if we admit we don't know what it is, but would
like to find out, what alternative starting point would we have other
than zero knowledge (which is not very helpful for research either)?
In brief, what are we going to address our research questions to?
As the title suggests, I intend to put forward the notion of ASSUMED
TRANSLATION again. In fact, the way it has been formulated, with the
question mark that follows it, the title of the talk is offered as
a RETHORICAL question: one of my main claims will be that more and
more of us have already been adopting such a starting point. The only
things that are still lacking are (1) awareness of the fact, and (2)
willingness to take into account more of its methodological implications:
especially the need to go beyond mere descriptions and offer some
explanations too.
-
Prof. Dr. Werner Koller (Bergen)
Linguistik und kulturelle Dimension der Übersetzung - in den 70er
Jahren und heute
Der Beitrag setzt sich mit dem Bezug der Linguistik zur Übersetzungswissenschaft
auseinander. Dabei wird versucht, den sprachwissenschaftlichen, literatur-wissenschaftlich-komparatistischen
und den kulturwissenschaftlich-historischen Ansatz in der Übersetzungswissenschaft
in ihrem Wert zu charakterisieren und Perspektiven für künftige Forschungen
aufzuzeigen.
-
Prof. em. Dr. Albrecht Neubert (Leipzig)
Translation in context: the cultural aspect
Translations have their origin in particular communicative contexts.
The way they are carried out in the name of their commissioners and
with regard to their audiences is intricately particular in time and
at any specific place. Looking at translations, therefore, is a study
of the various contexts which have shaped the way translators have
managed to cope with manifold historical situations. The cultural
context of translation is a most significant case in point.
The paper gives a number of examples, mainly from literary works,
illustrating the challenges posed by cultural contrasts between originals
and attempted translations. Emphasis is placed on how a textual approach
enables translators to deal successfully with problems which, on the
face of it, arise from linguistic structures but are, actually, deeply
couched in the various levels of the cultural context. The paper concludes
with the hypothesis that, in addition to the cultural context, there
are many other contexts worth investigating, which would warrant a
complex analysis of the activities and products of translation. As
a result, a systematic and interrelated study of translation(s)
in context can give new profile and, perhaps, a new consistency
to our discipline.
-
Prof. Dr. Klaus Mudersbach (Heidelberg)
Warum ist Kultur auf das Übersetzen angewiesen?
Ein Kulturbereich wird aufgefaßt als ein Netz von 'Kultursystemen'.
Der Begriff wird anhand holistischer Gesichtspunkte definiert. Um
zu zeigen, daß der Mensch auf Kultur angewiesen ist, wird ein Modell
der Handlungsmotivation eingeführt. Damit läßt sich dann auch zeigen,
daß es einerseits mehr als eine Kultur geben muß und andererseits,
daß es Vermittlung zwischen den Kulturen geben muß. Dies führt zur
Beantwortung der Titelfragen.
Für die Aufgabe der Kulturvermittlung durch Übersetzung wird eine
Methode vorgestellt. Sie enthält als Teilmethode das systematische
Erfassen von Kultursystemen aus deren Beschreibung in Texten.
-
PD Dr. Nahari Rao (Saarbrücken)
Translation: technical versus reflective task
Presumably the 'culture' of our milieu influences the way we understand
a work produced in another milieu. Recently the term 'cultural transfer'
has come into vogue to refer to this fact and a corresponding domain
of investigation has come into being. In this paper I want to demarcate
one particular type of problem from others brought under this rubric
and examine it in some detail.
-
Prof. Dr. Annely Rothkegel (Hannover)
Strategien der Metaphernentfaltung im Text - ein Ansatz zum
kulturellen Vergleich
In kognitiver Sicht gelten Metaphern als Mittel der Konzeptualisierung
lexikalischer Einheiten (Beispiel 'Kapitalfluss' nach dem Lakoffschen
Schema 'X ist Y' hier als 'Geld ist Wasser'). Insofern als solche
Konzeptualisierungen auf den Sprachgebrauch zurückgehen und damit
auf Sprachgewohnheiten einer sozial verbundenen Gruppe, sind sie zugleich
kulturelle Manifestationen, d.h. sie können in verschiedenen Kulturen
mehr oder weniger gleich bzw. verschieden sein. Dies mag als Idee
einleuchten, ist aber empirisch nicht leicht nachzuweisen. Auch wenn
die Übersetzungsproblematik als solche durchaus bekannt und beschrieben
ist, fehlt dennoch ein Zugang, der Vergleichbarkeit auf einer "neutralen"
Ebene gestattet.
Eine solche Ebene könnte der Text selbst bzw. eine geeignete Textrepräsentation
sein, in dem die Metapher lokalisiert ist. Als besonders aufschlußreich
erweist sich hierzu eine Sichtweise, nach der sich die Konzeptualisierung
in der Fortsetzung des Textes dynamisch entfaltet, sei es im Hinblick
auf das verwendete Bild (Ausgangsbereich) oder im Hinblick auf das
entwickelte Konzept (Zielbereich). Mit Blick auf das Wechselspiel
von semantischem Potential der verwendeten Metapher(n) und Textdynamik
ergibt sich ein tertium comparationis, das Gleich- und Verschiedenheiten
sichtbar macht. Neben Voraussetzungen und Problemen des Ansatzes,
der Gegenstand eines laufenden Forschungsprojekts ist, werden Beispiele
aus einem deutschen und einem japanischen Text diskutiert.
-
PD Dr. Cornelia Zelinsky-Wibbelt
(Hannover)
Integrating translation theory and translation practice
In this lecture we will argue that translators need a theory of translation
in order to be capable of evaluating and improving their translations.
We proceed from E.A. Gutt's relevance theory of translation.
Gutt's relevance theory reduces translation to the general cognitive
capability of speakers to communicate. We will argue that Gutt's reduction
of multilingual to monolingual communication does not sufficiently
consider the cognitive effort which the principle of relevance imposes
on translation.
Anschließend stellten europäische Nachwuchswissenschaftler
ihre Forschung vor:
-
Dr. Jürgen Gercken (Bergen)
Vergleiche kulturspezifischer Textinhalte in Ausgangstexten
(AT) und Zieltexten (ZT)
Der Beitrag behandelte die Frage, wie die Beziehungen zwischen AT-
und ZT-Elementen, welche auf kulturspezifische Gegebenheiten der Ausgangskultur
(AK) verweisen, nach text-, sprachen- und kulturenübergreifenden Kriterien
beschrieben werden können. Die Zielsetzung besteht darin, eine sowohl
deckende als auch überschaubare Anzahl von Kriterien und Kategorien
zu finden, mit deren Hilfe sich Aussagen darüber machen lassen, in
welcher Weise und über welche Textelemente kulturspezifische Inhalte
von AT in ZT wiedergegeben werden. Eine Exemplifizierung des dargelegten
Ansatzes erfolgt anhand norwegischer Originaltexte und deutscher Übersetzungen.
Zugrundegelegt wird ein weit gefasster soziologisch und kulturanthropologisch
begründeter Kulturbegriff, der für die jeweiligen konkreten Kontexte
interpretative Auslegungen bzw. Kontrastierungen der betreffenden
AT- und ZT-Inhalte voraussetzt. Aus linguistischer Perspektive werden
neben sprachsystematischen Bedeutungsinhalten vor allem Sinn- und
Bezeichnungsinhalte von Texten bzw. Textelementen als entscheidend
dafür aufgefaßt, welche Ausschnitte der Wirklichkeit bei der Sprachverwendung
vom Sender bzw. im Verstehensprozeß vom Hörer aktualisiert werden.
Bezüglich des Zusammenwirkens von Text und Wissen wird die Unterscheidung
von Sprach- und Weltwissen bzw. die Unterscheidung in systematisch
vorgegebene und aktuell hergestellte Beziehungen zwischen Sprache
und Wirklichkeit als wesentlich erachtet.
Übersetzung wird für diesen Beitrag auf die Vermittlung schriftlicher
Texte über sprachlich-kulturelle Grenzen hinweg bezogen. Bezüglich
einer Einordnung im Verhältnis zur Untersuchung kulturspezifischer
Textinhalte in der Übersetzungsforschung mit Hinblick auf die Analyse
der Übersetzungsbeziehungen zwischen AT und ZT richtet sich das Hauptaugenmerk
auf sprachlich-textuelle Verweise durch Ausgangstextelemente (ATE)
und Zieltextelemente (ZTE) auf spezifische Gegebenheiten der AK und
der Zielkultur (ZK).
-
Dr. Nuria Bueno del Romo (Madrid)
Körperteile als Bestandteil von Redewendungen der deutschen, spanischen
und englischen Sprache: Idiomatische Äquivalenzen im Vergleich
Im diesem Beitrag geht es um das Problem der Äquivalenz von Redewendungen,
die in einer Sprache die Benennung eines Körperteils enthalten. Wir
können feststellen, daß sich die deutschen Redewendungen, die einen
Körperteil als Kernwort haben, in mehrere semantische Gruppen teilen
können, die zu drei ideographischen Gebieten gehören: Redewendungen
der menschlichen Gefühle, Redewendungen der kognitiven Ebene und Redewendungen
der menschlichen Aktivitäten und Verhaltensweisen. Diese ideographischen
Gebiete existieren zwar auch im Spanischen und im Englischen, aber
die spanischen Äquivalenzen dieser deutschen Wendungen haben nicht
immer einen Körperteil als Kernwort. Und wenn man eine äquivalente
Wendung auf Spanisch oder Englisch findet, die einen Körperteil als
Kernwort hat, stellt man fest, daß dieser Körperteil dem in der deutschen
Wendung benutzten Körperteil nicht entspricht.
-
Georg Floros (Saarbrücken)
Kulturmuster in Texten und ihre Übersetzung
In diesem Kurzbeitrag wird das Promotionsvorhaben zu obigem Thema
vorgestellt. Dabei wird von der Hypothese ausgegangen, daß Kultur
"getupft" im Text repräsentiert wird. Zur Beschreibung von Mustern
wird in eine Systemebene, auf der Kultur angelegt ist, und eine Textebene,
auf der sich Kultur manifestiert, unterschieden. Diese Arbeitshypothese
birgt zwei grundlegende Probleme:
1. Es muß ein Kulturbegriff zugrunde gelegt werden, der hinreichend
operationalisierbar ist. Darunter ist zu verstehen, daß dieser Kulturbegriff
den Vergleich zwischen zwei Kulturen bzw. ihren Teilbereichen methodisch
ermöglichen soll. Der für die Übersetzung unverzichtbare Vergleich
soll zunächst auf der Systemebene ansetzen.
2. Auf der Textebene sollen kulturelle Elemente ganzheitlich, d.h.
im Zusammenhang mit anderen Elementen holistisch, d.h. ganzheitlich
und mit Zugriff auf das außertextuelle Hintergrundwissen, erfaßt werden.
Die ganzheitliche, holistische Perspektive erweist sich bei der Erschließung
von kulturellen Elementen in Texten als besonders relevant.
Dies wird im Rahmen des Beitrages an einem Beispiel gezeigt.
-
Sabine Braun (Tübingen)
ViKiS - Videokonferenz mit integriertem Simultandolmetschen
Die Videokonferenzkommunikation gewinnt zunehmend an Bedeutung. Von
diesem Trend ist auch die Kommunikation über Sprachgrenzen hinweg
betroffen. Verfügbare VK-Systeme waren jedoch bisher auf die Interaktion
zwischen den VK-Teilnehmern selbst beschränkt; die bei mehrsprachigen
Konferenzen erforderliche Einbindung von Dolmetschern blieb unberücksichtigt.
Vor diesem Hintergrund wurde in ViKiS eine Erweiterung eines PC-basierten
VK-Systems um eine Simultandolmetschkomponente entwickelt und implementiert.
Empirische Begleituntersuchungen richteten sich zunächst auf die Merkmale
der VK-Kommunikation in Kleingruppen und entsprechende Implikationen
für das VK-Dolmetschen. Daran anschließend wurde die Machbarkeit des
Dolmetschens unter VK-Bedingungen untersucht und die Spezifik der
gedolmetschten VK im Kontext der aktuellen Forschung näher bestimmt.
Das Projekt wurde von der Universität Tübingen im Verbund mit der
Nachrichtentechnischen Systementwicklungs GmbH (München) durchgeführt
und vom BMBF gefördert.
Der zweite Programmteil am 12. März 1999 umfaßte
folgende Vorträge zum Thema "Probleme des Kulturtransfers beim Dolmetschen":
-
Dr. habil. Wladimir Kutz (Leipzig)
Zu Ausdrucksformen und zum Transfer des Kulturspezifischen
beim Dolmetschen
Die Kultur wird hier im weiteren Sinne als ein universelles, für eine
Gesellschaft und ihre Teile typisches Orientierungssystem interpretiert,
welches das Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln beeinflußt und
sich u.a. in Form von "kulturspezifischen Interaktionskonstanten"
ausdrückt. Für den Dolmetscher, der als Quasi-Sender und Quasi-Empfänger
in die Kommunikationssituation direkt eingebunden ist, werden dabei
die fremdsprachliche und die interkulturelle Komponente als die wichtigsten
Quellen von Mißverständnissen charakterisiert.
Kulturbedingte Schwierigkeiten beim Dolmetschen werden anhand der
Begriffe Rezeption, Unverstehen, Verstehen - konvergent oder divergent
-, Mißverstehen - gewollt oder ungewollt - angedeutet. Diese Vielfalt
möglicher Fehlverstehensfälle wird in ursächlichem Zusammenhang mit
der konfrontativ ermittelbaren Kulturspezifik betrachtet - vorwiegend
im Vergleich von Deutschland und Rußland. Denn Mißverständnisse in
der zweisprachig vermittelten Kommunikation werden meist auf verbaler
(Verbalisierung usueller Handlungen wie Grüßen, Danken, Entschuldigen,
etwa, aber auch Argumentationsschemata, Ästhetik der Sprache, Benutzung
von Soziolekten usw.) und nonverbaler (Blick, Kinetik, Proxemik, Prosodie)
Ebene registriert.
Trotz der weitgehenden Globalisierung auf vielen Gebieten der menschlichen
Tätigkeit scheint es jedoch, daß diese Mißverständnisse ihren Ursprung
sehr oft in den in jeder soziologisch differenzierten Kulturgemeinschaft
vorhandenen dominanten Wertvorstellung und in dem deshalb dolmetschrelevanten
kulturellen Differential haben. Dieses Differential wird anhand der
Ergebnisse mehrerer auf Rußland und Deutschland bezogener Studien
illustriert.
-
Bernd Meyer (Hamburg)
Eigenständiges sprachliches Handeln von Krankenhausdolmetschern:
Kultureller Transfer?
In deutschen Krankenhäusern sind es üblicherweise Angestellte, Angehörige
oder Mitpatienten, die ad hoc Dolmetschaufgaben übernehmen, wenn Arzt
und Patient nicht über eine gemeinsame Verkehrssprache verfügen. Im
sprachlichen Handeln dieser unausgebildeten Personen, die in der Regel
eine Art Gesprächsdolmetschen praktizieren (Wadensjoe 1992), ist schon
in den achtziger Jahren (vgl. Knapp & Knapp-Potthoff 1987, Rehbein
1986) eine Tendenz zu Veränderungen im zielsprachlichen Diskurs festgestellt
worden, bis hin zu eigenständigen Erläuterungen der ärztlichen Turns
oder Ratschlägen der dolmetschenden Person an die Patienten. Diese
Veränderungen wurden teilweise aus kulturellen Unterschieden bzw.
unterschiedlichen Wissensbeständen der primären Aktanten hergeleitet.
Anhand von Beispielen aus einem kleinen Corpus (13 von ungeschulten
Personen gedolmetschte Arzt-Patienten-Gespräche in Hamburger Krankenhäusern)
soll der Frage nachgegangen werden, wodurch die Veränderungen im zielsprachlichen
Diskurs in diesen institutionell geprägten Interaktionen ausgelöst
werden und inwieweit man dabei von kulturellem Transfer sprechen kann.
Der Zugriff auf die authentischen Daten erfolgt mittels im Rahmen
der funktional-pragmatischen Diskursanalyse entwickelter Kategorien
(sprachliche Prozeduren, Handlungsmuster, Unterschied Text/Diskurs),
anhand derer die kommunikativen Abläufe rekonstruiert und auf die
besonderen Anforderungen des Dolmetschens im institutionellen Rahmen
zurückgeführt werden.
-
Dr. Heike Lamberger-Felber (Graz)
Methodische Fragen in der empirischen Dolmetschwissenschaft: Ein
Fallstudienbericht
Anhand einer Fallstudie zum Dolmetschen gelesener Reden soll versucht
werden, konkrete methodische Fragen und Probleme der empirischen Dolmetschwissenschaft
zu diskutieren: Von der Entscheidung zwischen Experiment und Beobachtung
über die Formulierung von testbaren Hypothesen, die Auswahl der Versuchspersonen
und der zu dolmentschenden Texte bis zur Transkription der Dolmetschungen
und der Wahl der abhängigen Variablen.
Es folgt eine kritische Analyse der jeweils gewählten methodischen
Lösungen sowie die Diskussion zweier Ergebnisse aus der Fallstudie;
zum einen die Subjektivität der Evaluierung der Schwierigkeit von
Ausgangstexten durch die DolmetscherInnen selbst, zum anderen die
unerwartet große Variabilität der untersuchten Parameter in den Dolmetschungen
einer formal homogenen Gruppe von 12 KonferenzdolmetscherInnen.
-
Prof. Dr. Daniel Gile (Lyon/Paris)
Adapting conventional experimental methods to interpretation
research reality
The mainstream experimental paradigm in the behavioral sciences calls
for full control of all relevant variables in the phenomenon under
study and for inferential-statistics based decisions on the hypotheses
being tested. It will be argued that in conference interpreting, difficult
access to subjects and insufficient empirical research reduce the
added value of this paradigm, both because they make it difficult
to find enough subjects for reasonably-sized samples and replication
and because they do not allow verification of underlying hypotheses
on variable distribution and on the relevance of variables.
Ein Höhepunkt der Veranstaltung war die öffentliche
Podiumsdiskussion am 12. März 1999. An der ersten Diskussion zum Thema
"Begriffliche und Methodische Probleme des Kulturtransfers"
unter der Moderation von Herrn Prof. em. Dr. Albrecht Neubert (Leipzig)
nahmen teil:
Prof. Dr. Daniel Gile (Lyon/Paris)
Prof. Dr. Dr. h.c. Juliane House (Hamburg)
Prof. Dr. Werner Koller (Bergen)
Prof. Dr. Gideon Toury (Tel Aviv)
Prof. Dr. Jan Ulijn (Eindhoven)
Prof. Dr. Zuzana Jettmarová (Prag)
An der zweiten Diskussion zum Thema "Didaktische
Aspekte des Kulturtransfers" unter der Moderation von Herrn
Prof. em. Dr. Dr. h.c. Wolfram Wilss nahmen teil:
Prof. Dr. Hannelore Lee-Jahnke (Genf)
Prof. Dr. David Snelling (Triest)
Prof. Dr. Karen M. Lauridsen/Prof. Dr. B. Martinsen (Aarhus)
Prof. Dr. Ivana Cenková (Prag)
Am Abend lud die Deutsche
Gesellschaft für Übersetzungs- und Dolmetschwissenschaft (DGÜD)
zu einem Empfang im Musiksaal der Universität des Saarlandes ein,
bei dem die Neuerscheinungen beim Gunter
Narr Verlag vorgestellt wurden.
Der letzte Programmteil am Samstag, 13. März
1999 war dem Thema "Fachliche und literarische
Kommunikation in der Übersetzung" gewidmet. Folgende Beiträge
wurden vorgestellt:
-
Dr. Brigitte Horn-Helf (Münster)
Kulturspezifik in der fachinternen technischen Kommunikation
Makrokulturelle Spezifik ist bisher vorrangig im Hinblick auf die
von den Sprachsystemen her verfügbaren Möglichkeiten zur Benennungsbildung
und auf die Besonderheiten der Textproduktion untersucht worden (letzteres
insbesondere für die englischsprachigen Kulturen). Hier wären die
Erkenntnisse durch Analysen anderer Sprachsysteme und der unterschiedlichen
Textsortenkonventionen in anderen Kulturen zu ergänzen. Untersuchungen
zur mikrokulturellen Spezifik in Benennungsbildung und Textproduktion
einzelner Fachgebiete müßten zunächst intralingual und intrakulturell
angelegt sein. Wenngleich dieser erste Schritt für Übersetzungswissenschaft
und -praxis noch wenig Relevanz erkennen läßt, scheint er doch zur
Gewinnung eines umfassenderen Verständnisses von Kulturspezifik unumgänglich.
-
Dr. Laura Sergo Bürge (Saarbrücken)
Interkulturelles Bewußtsein im Spiegel der Markenrechtsprechung
Markennamen können auf Grund einer Annäherung im Klang, im Bild
oder nach dem Sinn verwechselt werden. Als wesentlich für die Verwechslungsgefahr
im Wortklang werden Umstände angesehen wie gleiche Buchstaben- oder
Silbenzahl, Übereinstimmung in der Vokal- oder Konsonantenfolge und
im beherrschenden Wortanfang, gleiche Betonung und gleicher Klangrhythmus.
Ausschlaggebend für die Verwechslung nach dem Wortbild sind: Gleiche
Schriftlänge, gleiche Schrifthöhe, insbesondere bei Ein- bzw. Mehrstufigkeit
der Buchstaben, gleiche Anordnung der Buchstaben im Verhältnis zueinander,
figürliche Übereinstimmung des Wortanfangs. Bei der Verwechslung nach
dem Wortsinn kommen sich die Zeichen so nahe, daß die Konsumenten
das eine Zeichen für das andere halten.
Gegenstand dieser Arbeit ist eine Gruppe von Entscheidungen, die fremdsprachliche
oder fremdsprachlich klingende Markennamen betreffen. In der Bewertung
der Verwechselbarkeit spielen hier auch Überlegungen zu den Sprachkenntnissen
des angesprochenen Konsumentenkreises eine wichtige Rolle: Je nach
vermuteter Sprachkompetenz - so die Meinung - wird die unterschiedliche
Bedeutung der betreffenden Lexeme entweder erkannt, und die Verwechselbarkeit
ausgeschlossen, oder nicht erkannt. Im letztgenannten Fall werden
die Markennamen als reine Phantasiezeichen betrachtet und ihre Verwechselbarkeit
daher bejaht. Anhand des vorliegenden Corpus soll hier untersucht
werden, wie sich die genannten Entscheidungskriterien angesichts eines
wachsenden interkulturellen Bewußtseins bei Konsumenten und Richtern
entwickelt haben und entwickeln.
-
Dr. Ingrid Simonnæs (Norwegen)
Interkulturelle Kommunikation und Übersetzungsprobleme
Interkulturelle Kommunikation als Kommunikation zwischen Angehörigen
verschiedener Kulturen setzt Fremdsprachenkenntnisse in verschiedenen
Sprachen voraus oder zumindest daß man sich einer gemeinsamen 'Lingua
franca', sprich Englisch, bedienen kann. Ausgehend von der Erkenntnis,
daß Übersetzen neben dem sprachlichen Transfer auch einen kulturellen
Transfer darstellt, sollen Probleme des Sprachenpaars Norwegisch-Deutsch
erläutert werden, die sich beim Übersetzen von kulturgebundenen Wörtern
ergeben. In der Regel werden jedoch nicht Wörter, sondern Texte übersetzt,
und daher soll das Übersetzungsproblem exemplarisch anhand von Auszügen
aus Texten dargelegt werden, die über Norwegen und dessen Gesellschaft,
Geschichte, Bräuche usw. - norwegische Kultur - berichten.
-
Prof. Dr. Eberhard Fleischmann (Leipzig)
Solshenizyns Publizistik - Beispiel für einen kulturell geprägten
Texttyp
Solshenizyns Schilderung der Lage der Russen im eigenen Land - insbesondere
unter dem Aspekt der staatlichen Strukturen - und in den neuen Nachbarländern
ist ein gutes Beispiel für einen (national-)kulturell geprägten Texttyp,
dessen Analyse sehr aufschlußreich ist. Man erkennt hierbei, daß der
Übersetzer in der Lage sein muß,
1. den individuellen Stil des Autors zu erschließen und umzusetzen,
2. die betont russische Weltsicht des Verfassers zu erkennen und zielsprachlich
wiederzugeben,
3. Anspielungen auf die russische Geschichte zu verstehen und zu übersetzen,
4. alte Sprichwörter zu deuten und zu übertragen,
5. Bezugnahmen auf andere, auch historische Persönlichkeiten nachzuvollziehen
und in die Zielsprache zu transferieren und
6. immer wieder auch sarkastische, oft aus Verzweiflung geborene Äußerungen
zu verstehen und zielgerecht umzusetzen.
-
Dr. David Horton (Saarbrücken)
Describing intercultural transfer in literary translation
Recent approaches to literary translation have shifted their focus
away from retrospective (source-text oriented) towards prospective
(target-language oriented) modes of analysis, placing the translated
text within the norms of the host culture. Nevertheless, the question
of the precise relationship between source and target text remains
an important one in any approach which takes the notion of "translation"
as production seriously and seeks to distinguish it from other forms
of interlingual text generation (e.g. adaptations). The present discussion,
then, is guided by a transfer-oriented, contrastive notion of text
transfer in which translation problems, options and solutions actually
matter.
The paper briefly outlines a descriptive framework for the consideration
of the cultural embedding of literary texts.
-
Dr. Gisela Thome (Saarbrücken)
Methoden des Kompensierens in der literarischen Übersetzung
Der klassische Bereich des kulturellen Transfers mit einer besonders
langen und fruchtbaren Tradition ist die Übersetzung von Literatur,
d.h. von Prosa, Lyrik und Bühnenwerken. Die literarische Übersetzung
hat daher auch jahrhundertelang im Mittelpunkt übersetzungstheoretischer
Überlegungen und Ausführungen gestanden. Demgegenüber befaßt sich
die heutige Übersetzungswissenschaft deutlich weniger mit dem Übersetzen
von Belletristik.
Die Ursache für diese Entwicklung kann nicht allein in dessen hohen
Anforderungen durch die mit jedem sprachlichen Kunstwerk neu gegebenen
inhaltlichen und stilistischen Besonderheiten gesucht werden, zumal
sich das übersetzungswissenschaftliche Interesse längst einem eher
noch schwierigeren Gegenstand, der maschinellen Übersetzung, zugewandt
hat. Vielmehr vollzieht die Übersetzungswissenschaft offenbar die
stark gewachsene Nachfrage nach nichtliterarischen Übersetzungsprodukten
mit und legt deshalb den Schwerpunkt auf die Untersuchung der mit
der zielsprachlichen Wiedergabe von Gebrauchs- und Fachtexten verbundenen
Fragen und Probleme.
Nach einer ersten auf der Grundlage der Begriffsbestimmung der Stylistique
comparée einer an einem heterogen gehaltenen Korpus durchgeführten
Untersuchung mit der Bestätigung eines deutlichen Übergewichts der
Kompensation bei der Übersetzung literarischer Texte wird in dem Beitrag
nunmehr durch bewußte Konzentration auf Werke der deutschen, englischen
und französischen Literatur und ihrer Übersetzungen das Wissen um
diese Strategie vertieft und erweitert. Ihre bislang nicht ermittelten
Ausprägungen werden möglichst vollständig erfaßt und beschrieben,
um so zu deren systematischer und erfolgreicher Anwendung auch im
nichtliterarischen Bereich anzuregen und von da aus zu entsprechenden
Konsequenzen für die Übersetzungswissenschaft, insbesondere für die
Übersetzungsmethodik wie auch für die Übersetzungsdidaktik zu gelangen.
-
Prof. Dr. Margareta Bowen (Washington,
D.C.)
Austriazismen und jüdische Ausdrücke als Übersetzungsprobleme in
Texten
Sigmund Freuds Im Zusammenhang mit der Kritik Bettelheims an den englischen
Übersetzungen der psychoanalytischen Schriften Freuds behandelt dieser
Beitrag das Problem der doppelten Brechung von kulturspezifischen
Ausdrücken (Austriazismen und Judaismen) in der englischen Übersetzung.
Diese Problematik wird anhand von Beispielen näher erläutert.
Kleine Fotogalerie
© Universität des Saarlandes 1999
|